Frauen in der Freien Religion

Schriftliche Zusammenfassung eines Vortrages von Pfr. i. R. Heinrich Keipp, gehalten am Sonntag, dem 10. März 2019, im Rahmen der Veranstaltungen zum Festival der Frau in der Frei-religiösen Gemeinde Offenbach aus Anlass der Internationalen Frauenwoche rund um den Internationalen Frauentag 2019.

Was liegt näher, als bei einer Veranstaltung zum internationalen Frauentag in unserer Frei-religiösen Gemeinde, einmal die Frauen ins Rampenlicht zu stellen, denen um die Zeit der Entstehung der Freien Religion in Deutschland und in den frühen Tagen besondere Aufmerksamkeit zu Teil wurde bzw. die die Gleichheit von Männern und Frauen in die Tat umgesetzt haben oder es zumindest versuchten. Des besseren Verständnisses wegen, nenne ich die aus der katholischen Kirche entstandenen „Deutschkatholischen“ Gemeinden und die aus der evangelischen Kirche sich entwickelnden „Freien“ Gemeinden im Folgenden gleichermaßen freireligiös.

Es fiel mir schwer, eine Auswahl zu treffen, denn die Liste all jener Frauen, die in oder im Dunstkreis der ersten Freireligiösen Gemeinden Erwähnung finden könnten, ist lang und wäre im Rahmen eines solchen Vortrags nicht zu bewältigen, gehörten doch beispielsweise das aktive und passive Wahlrecht für Frauen zu den grundlegenden Inhalten Freier Religion der Gründerzeit.

Deshalb komme ich auch gleich zu
Johanna Friederieke Louise Dittmar (auch Luise) (* 7. September 1807 in Darmstadt; † 11. Juli 1884 in Bessungen). Sie war eine deutsche Frauenrechtlerin, Frühsozialistin, Publizistin und Philosophin zur Zeit des Vormärz, die sich in ihren Büchern konsequent für die Gleichberechtigung der Geschlechter einsetzte.

Dittmars Vater Heinrich Karl war Oberfinanzrat. Seine Frau Friederike Caroline hatte mit ihm zusammen zehn Kinder. Das Ehepaar war politisch fortschrittlich und republikanisch gesinnt, ihr Frauenbild jedoch war traditionell verhaftet. Für die Tochter Louise reichte das Geld für eine weiterführende Ausbildung nicht aus. Unter den Töchtern war sie dazu bestimmt nicht zu heiraten, sondern die Eltern im Alter zu versorgen. Nach dem Tod der Eltern kümmerte sich Dittmar ab 1840 um die Haushaltsführung ihrer unverheirateten Brüder. Ihr Bruder Georg Hermann hatte 1833 am Frankfurter Wachensturm teilgenommen und war mit Georg Büchner befreundet. Ein anderer Bruder, Karl Anton, verheiratete sich mit der Tochter des Darmstädter Verlegers Karl Leske, der enge Kontakte zu liberalen und demokratischen Schriftstellern des Vormärz unterhielt. Autodidaktisch begann sie sich mit Literatur, Philosophie, Staatstheorie, sozialreformerischen Ideen und Religionskritik zu beschäftigen. Historiker halten Dittmars Schriften für den einzig gezielten Versuch einer Feministin ihrer Zeit, sich an dem männlich dominierten Diskurs über diese Themen zu beteiligen.

Dittmar beeindruckte insbesondere der Philosoph Ludwig Feuerbach, mit dem sie zeitweilig einen Briefwechsel pflegte. Mitte der 1840er-Jahre veröffentlichte sie ihr erstes, anonym verfasstes Essay Skizzen und Briefe aus der Gegenwart. Darin sprach sie sich für Religions- und Glaubensfreiheit aus. Damit verbunden waren politische Forderungen und Vorstellungen zu wirtschaftlichen Veränderungen, die sie zu einer Lösung der sozialen Frage beisteuerte. In ihnen vertrat sie frühsozialistische Positionen. Darüber hinaus betonte Dittmar, dass grundlegende politische und wirtschaftliche Veränderungen einhergehen müssten mit der unbedingten Gleichstellung der Geschlechter. Gerade in dieser Frage erkannte sie ein Defizit der zeitgenössischen Literatur und Philosophie:

„Nur in freien Verhältnissen kann das Gefühl der Unabhängigkeit Wurzel fassen, und nur aus diesem Gefühl kann das Selbstbewusstsein wachsen, wodurch man zu einem unbefangenen Urtheil über sich selbst gelangt. (…) Ich kann nicht umhin, bei denjenigen, welche die Möglichkeit ihrer Freiheit bezweifeln, das Erkennen derselben wie das Erfassen der weiblichen Natur zu bezweifeln. Sie forschen im ganzen Dasein eine unbedingt freie Stellung des Menschen zu finden, aber sie begreifen im eigentlichsten Sinn nur den Mann darunter; es bleibt immer noch ein Fäserchen Unfreiheit, an welchem die Frau hängt.“

Derartige Ansichten waren ihrer Zeit voraus. Im Jahr 1845 veröffentlichte sie die Satire Bekannte Geheimnisse, in der sie das liberale Bürgertum scharf kritisierte. Kurze Zeit darauf folgte die religionskritische Schrift Der Mensch und sein Gott in und außer dem Christentum. Später gab sie das Buch Lessing und Feuerbach heraus, in dem sie ausgewählte Texte kommentierte und sich in einem idealistischen Sinne für einen kirchenlosen, an der Anthropologie geschulten Glauben einsetzte.

Uneingeschränkte Anerkennung fand sie bei der religiösen Reformbewegung, den Deutschkatholiken. Ihren vor einer Versammlung dieser politischen Opposition gehaltenen Vortrag von 1847 hat sie als Vier Zeitfragen. Beantwortet in einer Versammlung des Mannheimer Montag-Vereins drucken lassen. Unabhängig vom Inhalt ihrer Thesen betrachtete sie den Vortrag als bedeutendes Ereignis, da zum ersten Mal eine Frau öffentlich ausspricht, „was sie unter Gewissensfreiheit versteht.“

Sie veröffentlichte zwei Bände mit politischen Gedichten und publizierte 1849 die Zeitschrift Die sociale Reform. In dieser schrieben damals bekannte Autorinnen und Autoren wie Louise Otto, Julius Fröbel, Claire von Glümer und Malwida von Meysenbug.

Ihr vielleicht wichtigstes Buch erschien 1849 Das Wesen der Ehe. Nebst einigen Aufsätzen über die soziale Reform der Frauen. Erneut stritt sie für eine soziale, demokratische, gleichberechtigte Gesellschaft. In der Anthologie enthalten waren auch Aufsätze, etwa von Louise Otto, die in Dittmars Zeitschrift Die sociale Reform erstveröffentlicht worden waren. In einem Essay über die Revolutionärin Charlotte Corday stellte sich Dittmar in deren Nachfolge. Damit stieß sie auch auf Kritik selbst ihr nahestehender Frauen, denen die radikalen Vorstellungen Dittmars zu weit gingen.

In ihrer 1848 veröffentlichten Skizze Zur Charakterisierung der nordischen Mythologie versuchte sie sich an einem politisch-religiösen System. Danach liege „in der menschlichen Natur“ der Trieb „nach Erkenntnis der innersten Wahrheit.“ Naturfeindlichkeit, die Trennung von Geist und Natur sei ein Kennzeichen des „Selbstverkennen.“ Freiheit sei das Wesen der Natur und so ist „das höchste Wesen die in sich frei gewordene Natur.“
Nach 1850 veröffentlichte Dittmar nichts mehr. Die Niederschlagung der Revolution und die darauf folgende Reaktion mit ihren Vereins- und Versammlungsverboten, auch für Frauen, bedeutete für sie das Ende einer politischen Utopie. Ihre letzten vier Lebensjahre verbrachte sie, schon schwer erkrankt und verarmt, bei ihren zwei Nichten in Bessungen.

Auf Emilie Wüstenfeld (* 17. August 1817 in Hannover; † 2. Oktober 1874 in Hamburg) will ich nur ganz kurz eingehen, auch wenn sie für die Freireligiöse Bewegung besondere Bedeutung erlangte. Sie war eine Frauenrechtlerin und Hamburger Philanthropin, die sich für Mädchenbildung und weibliche Berufsbildung einsetzte.

Emilie Wüstenfelds Geburtsname war Marie Emilie Capelle. Sie heiratete 1841 den Kaufmann Julius Wüstenfeld aus Hamburg.

1846 rief Emilie Wüstenfeld einen ökumenischen Frauenverein ins Leben, der unter der Bezeichnung „Frauenverein zur Förderung freier christlicher Gemeinden und humaner Zwecke“ tätig wurde. Am 1. Januar 1850 gründeten Karl Friedrich Fröbel und Emilie Wüstenfeld die Hochschule für das weibliche Geschlecht in Hamburg, die erste Einrichtung dieser Art in Deutschland, die für die neue religiöse Bewegung die Möglichkeit aufzeigte, Frauen und Mädchen einen uneingeschränkten Zugang zu  Bildung zu gewähren.  1846 rief Emilie Wüstenfeld einen ökumenischen Frauenverein ins Leben.

Am 18. Februar 1867 gründete sie einen Verein zur Förderung der weiblichen Erwerbstätigkeit.

Emilie Wüstenfeld ist nämlich in einem Atemzug mit

Bertha Ronge (* 25. April 1818 in Hamburg; † 18. April 1863 in Frankfurt am Main; gebürtige Bertha Meyer, geschiedene Bertha Traun), einer deutschen Frauenrechtlerin und Erzieherin zu nennen.
Bertha Meyer wurde als zweitälteste Tochter des wohlhabenden Stockfabrikanten Heinrich Christian Meyer 1818 in Hamburg geboren. Auf Wunsch des Vaters heiratete sie im Alter von nur 16 Jahren den 14 Jahre älteren Privatsekretär der Herzogin von Cambridge und späteren Fabrikanten Friedrich Traun. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor. 1846 lernte sie Johannes Ronge, den Gründer des Deutschkatholizismus, kennen. Ronge übte auf bürgerliche Frauen besondere Anziehungskraft aus, da er seine reformerischen Ideen mit der Forderung nach der Emanzipation der Frau verband. Bertha verliebte sich in Ronge und trennte sich von ihrem Mann. Mit dreien ihrer Kinder folgte sie im Oktober 1850 dem exkommunizierten Priester Ronge nach London ins Exil. Dort heirateten die beiden am 5. August 1851. Bald darauf kam die gemeinsame Tochter Marie zur Welt und Bertha bat ihre jüngere Schwester Margarethe aus Hamburg nach London zu kommen, um sie zu unterstützen. 1861 kehrte Bertha mit Johannes Ronge nach Deutschland zurück und starb wenig später, 1863, in Frankfurt.

Bertha Ronge setzte sich ihr ganzes Leben für die Erziehungsideen Friedrich Fröbels, für die freireligiösen Gedanken Johannes Ronges und für die Rechte der Frauen ein. Mit der schon erwähnten Emilie Wüstenfeld und weiteren 30 interessierten Frauen gründete sie in Hamburg am 12. Dezember 1846 den Verein der Frauen und Jungfrauen zur Unterstützung der Deutschkatholiken, dessen Ziel es u. a. war, die Anerkennung durch den Hamburger Senat für die freireligiöse Gemeinde zu erreichen. Seit 1848 war sie Mitglied des „Socialen Vereins Hamburger Frauen zur Ausgleichung konfessioneller Unterschiede“, der die Abschaffung der Ungleichbehandlung jüdischer Bürger anstrebte. In vielen Vorträgen, insbesondere vor freireligiösen Gemeinden, warb sie für die Errichtung von Fröbelschen Kindergärten. Mit Emilie Wüstenfeld und ihrem Mann Johannes Ronge gründete sie die Hochschule für das weibliche Geschlecht, die am 1. Januar 1850 in Hamburg die Ausbildung von Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen begann. Am 1. April 1852 musste die weibliche Bildungsinstitution den Lehrbetrieb einstellen, da einerseits die finanzielle Unterstützung nicht mehr gewährleistet war, andererseits die Einrichtung auf Druck der Polizeibehörden Hamburgs wieder geschlossen werden musste, da die Obrigkeit den von diesem Frauenbildungsinstitut ausgehenden revolutionären Geist auf‘s Äußerste fürchtete.

Bald darauf, nach dem Scheitern der Revolution und dem Wiederstarken der Fürsten, musste Bertha Ronge mit ihrem Mann nach England fliehen. In London gründete sie mit Johannes Ronge eine freireligiöse Gemeinde und in Manchester einen Kindergarten und eine Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen. 1857 gründete sie das „Manchester Committee“ (später „Manchester Fröbel Society“) zur Verbreitung des Kindergartens. Mit Unterstützung ihres Mannes veröffentlichte sie einen Führer für Erzieher durch die Erziehungsideen Friedrich Fröbels. Auch in England warb sie durch Vorträge für die Einrichtung von Kindergärten. Nach ihrer Rückkehr nach Breslau versuchte sie auch dort einen Kindergarten zu gründen, scheiterte aber als Freireligiöse vor allem an der etablierten Geistlichkeit und gründete stattdessen eine Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen.

Damit komme ich zu
Louise Otto-Peters (auch Luise Otto-Peters, Pseudonym Otto Stern; * 26. März 1819 in Meißen; † 13. März 1895 in Leipzig), der sozialkritischen Schriftstellerin und Mitbegründerin der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung.
Louise Otto war die jüngste der fünf Töchter des Gerichtsdirektors Fürchtegott Wilhelm Otto (1776–1835) und seiner Ehefrau Charlotte Otto, geb. Matthäi (1781–1835). Sie wuchs im bürgerlich wohlhabenden Haushalt ihres Vaters auf, der nicht nur Gerichtsdirektor, sondern zeitweise auch Senator der Stadt Meißen war. Ihre Eltern starben 1835 an Lungenentzündung; mit 16 Jahren wurde Louise Otto Vollwaise. Zunächst verblieb sie, durch die Betreuung einer Tante, mit ihren beiden Schwestern im elterlichen Haus in Meißen wohnhaft. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie vor allem aus der Erbschaft und ihren schriftstellerischen, später eher publizistischen Tätigkeiten.

Als junge Frau hatte Louise Otto 1840 in Oederan, heute eine Kleinstadt im sächsischen Landkreis Mittelsachsen, die bedrückenden Lebensverhältnisse der Arbeiterfamilien in dem damals aufblühenden Industriestädtchen kennengelernt. Als sie darüber ein Gedicht „Die Klöpplerinnen“ im Oederaner Stadtanzeiger veröffentlichte, löste sie große Empörung aus. 1842 veröffentlichte sie einen Leserbrief in den Sächsischen Vaterlandsblättern. Hierin erklärte sie „Die Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht.“ Damit unterstützte sie den freireligiösen Politiker und Herausgeber dieses Blattes Robert Blum (1807–1848), der die Frage nach der derzeitigen politischen Stellung von Frauen aufgeworfen hatte. Vier Jahre später, 1846, kam ihr deutlich sozial-kritischer Roman Schloss und Fabrik heraus, in dem sie die bittere Not der Industriearbeiter und deren Aufbegehren beschrieb. Das fiktive Erlebnis der blutigen Niederschlagung eines Aufstandes in Leipzig wurde zur Initialzündung, sich für die Rechte und für die Unterstützung der Arbeiter, aber auch ihrer Frauen einzusetzen. Dieser Roman wurde von der Zensurbehörde sofort nach seinem Erscheinen verboten und erst als Louise Otto bereit war einige „gefährliche Stellen“ zu entschärfen wurde er wieder frei gegeben. In dieser Zeit intensivierte sie ihr sozialkritisches Engagement und veröffentlichte zahlreiche gesellschaftskritische Artikel, zumeist unter dem Pseudonym „Otto Stern“, da es Frauen mit solchen öffentlichen Aktivitäten zu dieser Zeit recht schwer hatten akzeptiert zu werden. In diesen Arbeiten warf sie zwei Forderungen mit großem Nachdruck immer wieder auf: Ersten, die Arbeitswelt für Frauen zu öffnen und Zweitens, die Lebensbedingungen für Frauen zu verbessern.

Durch ihre Publikationen war Louise Otto so zu einer von der Öffentlichkeit, aber auch den Behörden beachteten Person geworden. Ihre 1847 erschienene Gedichtsammlung Lieder eines deutschen Mädchens trug ihr den Namen „Lerche des Völkerfrühlings“ ein, da ihre Verse von der Aufbruchstimmung des Vormärz getragen waren. Das brachte ihr Anerkennung in freireligiösen, in demokratischen und Arbeiterkreisen ein. Im gleichen Jahr erschien in dem von Robert Blum herausgegebenen „Vorwärts. Volkstaschenbuch für das Jahr 1847“ ein beachtenswerter Artikel von Louise Otto „Über die Theilnahme der Frauen am Staatsleben“. Hierin entwickelte sie programmatische Vorschläge für eine organisierte „Frauenbewegung“ mit den Forderungen: Gleichberechtigung von Mann und Frau, Zugang der Mädchen und Frauen zur Bildung. Weitere Veröffentlichungen von ihr in der Zeit des „Vormärz“ finden sich in den Zeitschriften „Constitutionelle Staatsbürger-Zeitung“, „Der Komet“, „Der Leuchtturm“, „Der Wandelstern“, „Neue Zeitschrift für Musik“, „Nord und Süd“, „Typographia“, „Unser Planet“, “Veilchen, harmlose Blätter für die moderne Kritik“ und andere mehr. Schon in Dresden hatte sie bei ihren Studien von dem fortschrittlichen katholischen Prediger Johannes Ronge gehört, den sie dann bei einer Schlesienreise aufsuchte. Bei der Begegnung mit ihm war sie besonders angetan von der Idee der gleichberechtigten Stellung von Frauen in den katholischen Gemeinden, die sogar zuließen, dass Frauen in Kirchenämter gewählt werden.

Sowohl breite Zustimmung wie auch scharfen Widerspruch löste 1848 ihre Adresse an den hochverehrten Minister Oberländer in Dresden aus, in der Louise Otto forderte: „Meine Herren! Im Namen der Moralität, im Namen des Vaterlandes, im Namen der Humanität fordere ich Sie auf: Vergessen Sie bei der Organisation der Arbeit die Frauen nicht!“ Dabei ging es um die Besetzung einer Kommission, die zu wirtschaftspolitischen Fragen in Sachsen Vorschläge insbesondere der Arbeitsorganisation erarbeiten sollte. Sie habe daher auch für die Organisation der Frauenarbeit zu sorgen, unter anderem deshalb, um Frauen nicht in die Prostitution zu treiben. Louise Ottos Forderung, für die zu besetzende Arbeiterkommission auch Frauen zu benennen, wurde damals nahezu als Skandal empfunden. Trotzdem bat man sie um Vorschläge in dieser Frage. Sie organisierte Versammlungen zur Aufklärung über die Lage der Arbeiterinnen, war Mitbegründerin eines Vaterlandsvereins und stand in regem Austausch mit den sich zunehmend organisierenden Arbeiterinnen und Arbeitern.

Während der Märzrevolution wurde sie 1849 Herausgeberin der von ihr begründeten Frauen-Zeitung unter dem Motto „Dem Reich der Freiheit werb ich Bürgerinnen!“. Das verschärfte die Aufmerksamkeit der sächsischen Zensurbehörde. Es folgten Hausdurchsuchungen, Verhöre, Auflösung der von ihr mit ins Leben gerufenen Dienstboten- und Arbeiterinnenvereine aufgrund des preußischen Vereinsgesetzes von 1851, Verbot der Frauen-Zeitung 1850 aufgrund eines eigens dazu geänderten sächsischen Pressegesetzes (Lex Otto), das Frauen die Herausgabe von Zeitungen untersagte, auch unter dem Hinweis auf ihre intensiven Kontakte zu den Freireligiösen, deren Forderungen auch die ihren waren. Sie wich mit der Redaktion nach Gera aus, bevor 1852 ein endgültiges Verbot durch ein ähnliches preußisches Gesetz erfolgte.

Mit dem Schriftsteller August Peters, der als Teilnehmer an den Revolutionskämpfen von 1848/49 sieben Jahre Kerkerhaft verbüßen musste, verlobte sie sich im Gefängnis. Nach dem Erlass seiner Reststrafe 1856 fand im November 1858 die Hochzeit statt. Danach lebte das Ehepaar ab 1859 in Leipzig. Sie arbeitete in Bibliotheken Dresdens und Leipzigs, schrieb Artikel, Rezensionen und Romane und gab mit ihrem Mann bis zu dessen Tod 1864 die Mitteldeutsche Volkszeitung heraus, deren Feuilleton sie leitete.

1865 gründete Louise Otto-Peters zusammen mit Auguste Schmidt, Ottilie von Steyber und Henriette Goldschmidt den Leipziger Frauenbildungsverein und berief noch im gleichen Jahr die erste deutsche Frauenkonferenz nach Leipzig. Sie war auch Mitbegründerin des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF), den sie während der folgenden drei Jahrzehnte als erste Vorsitzende leitete. Ziel des Vereins waren vor allem: das Recht der Frauen auf Bildung, Recht auf Erwerbsarbeit für Frauen und den Zugang zu Hochschulstudiengängen.

Von ihr gingen Anregungen aus, Arbeiterinnen nicht nur als Zielgruppe karitativen und pädagogischen Wirkens, sondern auch als Mitstreiterinnen für die Rechte der Frau anzusprechen. Der Allgemeine Deutsche Frauenverein betrieb unter anderem eine „Sonntagsschule“, eine Fortbildungsschule für Mädchen und eine Speiseanstalt und veranstaltete Unterhaltungsabende für Frauen. Auf dem Philosophie-Kongress 1869 in Frankfurt/Main vertrat sie den Verein mit einem eigenen Redebeitrag, um damit noch mehr Öffentlichkeit und Akteure für die Rechte der Frauen zu erreichen. Ihr letzter öffentlicher Auftritt war 1894 aus Anlass der Eröffnung des ersten Gymnasialkurses für Frauen und Mädchen in Leipzig.

Am 13. März 1896 verstarb Louise Otto-Peters in Leipzig.

Eine ebenfalls wichtige Frau für die Freireligiöse Bewegung war und ist
Margarethe Meyer-Schurz (geborene Margarethe Meyer, * 27. August 1833 in Hamburg; † 15. März 1876 in New York) eröffnete 1856 den ersten deutschsprachigen Kindergarten in den USA.
Margarethe Meyer wurde als jüngstes von elf Kindern des Fabrikanten Heinrich Christian Meyer und dessen Ehefrau Agathe Margarethe, geb. Beusch geboren. Nur wenige Stunden nach der Geburt starb die Mutter.

Ihre 15 Jahre ältere Schwester Bertha – sie erinnern sich – ging nach der Trennung von ihrem ersten Mann Friedrich Traun eine neue Ehe mit dem exkommunizierten Priester Johannes Ronge, dem Gründer des Deutschkatholizismus, ein. Dadurch hatten Margarethe und ihre andere ältere Schwester Amalie schon früh Kontakt zum Freundeskreis der Deutschkatholiken. Margarethe besuchte später die Hamburger Hochschule für das weibliche Geschlecht, die auf Anregung von Johannes Ronge u. a. gegründet worden war.

Nach der gescheiterten Revolution von 1848 folgte Bertha ihrem Mann ins Exil nach London, wir haben davon gehört. Als sie im Herbst 1851 schwer erkrankte, folgte die 18-jährige Margarethe ihr in die britische Hauptstadt, um im Haushalt zu helfen. Dort lernte Margarethe Carl Schurz kennen, der wie Ronge Deutschland aus politischen Gründen hatte verlassen müssen, weil er sich an den Reichsverfassungskämpfen von 1849 in der Pfalz und Baden beteiligt hatte, aber aus der Festungshaft in Rastatt entkommen konnte und nach London floh. Beide gingen am 6. Juli 1852 eine Zivilehe im Londoner Marylebone-District ein und reisten bald darauf in die Vereinigten Staaten von Nordamerika ab. Zuerst lebten sie in Philadelphia, ab 1856 in Watertown (Wisconsin); dort erwarben sie einen kleinen Bauernhof, wobei Margarethas Mitgift die finanziellen Voraussetzungen für den Erwerb bot. Den Gedanken des Pestalozzi-Schülers Friedrich Fröbel  und ihrer freireligiösen Schwester Bertha folgend eröffnete sie hier 1856, deutschsprachig, den ersten Kindergarten in den USA in der dortigen Freireligiösen Gemeinde in Sauk City, die übrigens heute noch existiert und in der – zumindest von den ganz Alten – bis vor wenigen Jahren teilweise noch deutsch gesprochen wurde. Im Jahr 1866, nach dem Sezessionskrieg, zog das Ehepaar nach Detroit und 1867 nach St. Louis. Ab Herbst 1867 hielt sich Margarethe zu einer Kur in Wiesbaden auf.

Carl Schurz macht mit Unterstützung seiner Frau politische Karriere in den USA, engagiert sich für die Abschaffung der Sklaverei, wird nacheinander Botschafter der USA in Spanien, im Bürgerkrieg aktiv kämpfender General auf Seiten der Nordstaaten, anerkannter Führer der Liberalen und schließlich Innenminister.

Zusammen mit ihrem Mann Carl hatte Margarethe Meyer-Schurz fünf Kinder: Agathe (1852–1915), Marianne (1857–1929), Emma Savannah (1865–1867), Carl Lincoln (1871–1924) und Herbert (1876–1900). Sie starb am 15. März 1876 in St. Louis, nur drei Tage nach der Geburt ihres Sohnes Herbert, an Kindbettfieber.

Machen wir nun einen kleinen Zeitsprung zu
Ida Altmann (* 30. Juni 1862 in Obscherninken, Ostpreußen; † 30. November 1935 in Berlin) war eine prominente Gewerkschafterin und Akteurin der proletarischen Frauenbewegung.
Ida Altmann stammte aus einem jüdischen Elternhaus und konnte die städtische höhere Töchterschule in Königsberg besuchen, was vielen Frauen ihrer Zeit nicht möglich war. Sie bestand 1881 in Königsberg ihr Examen als Volksschullehrerin.

Als Jüdin war ihr aber eine Stelle als Lehrerin an staatlichen Schulen verwehrt. Sie wandte 1881 nach St. Petersburg und arbeitete dort als Hauslehrerin. Sie reiste viel und versuchte sich mit Erzählungen und Gedichten als Schriftstellerin. 1890 zog sie von St. Petersburg nach Berlin.

Im Jahre 1891 trat sie in Berlin aus dem Judentum aus. Ab 1892 war sie als Mitglied aktiv in der Freireligiösen Gemeinde Berlin. Sie war es, die 1895 die Grundsätze der Berliner Freireligiösen Gemeinde schriftlich ausformulierte. Einer dieser Grundsätze lautete: „Freie Selbstbestimmung gemäß der fortschreitenden Vernunft und Wissenschaft auf allen Gebieten des Lebens“. Wegen ihrer Aktivitäten stand sie unter polizeilicher Beobachtung und musste 1895 erstmals eine Haftstrafe antreten, weil sie sich über ein Verbot für ihre Vortragstätigkeit hinweggesetzt hatte – die repressive Handhabung von Vereinsrecht und anderen Regelungen war in den 1890er Jahren typisch für das Vorgehen des Staates gegen als „subversiv“ betrachtete Aktivitäten.

U.a. durch ihr Engagement bei den Freireligiösen war Ida Altmann auch der Eintritt in den staatlichen Schuldienst endgültig verboten, sie durfte nur als Privatlehrerin tätig sein. Das tat sie vor allem im Rahmen der Jugendarbeit der Freireligiösen Gemeinde. Für zeitweise über 500 Kinder führte Ida Altmann „Kulturgeschichtlichen Unterricht“ durch, hielt Feierstunden sowie Vorträge. Der damalige liberale preußische Kultusministers Moritz August von Bethmann-Hollweg berichtet dazu vor dem Abgeordnetenhaus in Berlin: „Zwei Rechte nehmen die Dissidentengemeinden in Anspruch, erstens den religiösen Unterricht durch ihre Vorsteher, Redner etc. zu erteilen, und zweitens ihre Kinder fernhalten zu dürfen von dem religiösen Unterricht in den öffentlichen Schulen. …“

Zunächst wurden für alle Gemeindemitglieder offene Sonntagsvorlesungen als Ersatz für den Jugendunterricht eingerichtet. Ida Altmann-Bronn wandte sich in den 1895 von ihr verfassten „Leitsätzen für die Kinder von Freidenkern und Freireligiösen“ direkt an die Jugendlichen. In den Anmerkungen für Erwachsene hieß es: „Diese Sätze wollen unsere Kinder anleiten zum rechten Tun, zum vernunftgemäßen Leben, welches ohne vernünftiges Denken und gesundes Fühlen nicht möglich ist.“. Wegen ihres weiteren Engagements für die Freireligiöse Gemeinde wurde Ida Altmann-Bronn Anfang 1897 durch das Provinzial-Schulkollegium der Unterrichts-Erlaubnisschein entzogen.
Von 1900 bis 1912 wirkte Ida Altmann neben den Freireligiösen vor allem auch in der Sozialdemokratie, die damals eng mit der Freien Religion zusammenarbeitete. Gemeinsam mit Emma Ihrer und Clara Zetkin wirkte sie in Berlin für den Aufbau einer proletarischen Frauenbewegung. Diese Bewegung entstand in den 1880ern als sozialistische Parallele zur bürgerlichen Frauenbewegung und hatte an mehreren Fronten zu kämpfen: von der Polizei wurde sie durch Organisations- und Versammlungsverbote verfolgt, in der Arbeiterbewegung dagegen oft als potentiell spaltende Sonderbestrebung angesehen, der bürgerlichen Frauenbewegung hingegen galt sie als zu radikal. Die politische Polizei beobachtete auch Ida Altmann und hielt sie für eine der führenden Agitatorinnen der proletarischen Frauenbewegung in Berlin. Ida Altmann und ihre Mitstreiterinnen überwanden jedoch alle Widerstände und konnten seit den 90er Jahren die proletarische Frauenbewegung als feste Größe etablieren.

Altmann engagierte sich besonders im gewerkschaftlichen Bereich, ab 1905 war sie für mehr als drei Jahre die erste hauptamtliche Gewerkschaftssekretärin Deutschlands. Ihre Stelle beim „Gewerkschaftlichen Arbeiterinnensekretariat“ der Generalkommission der Gewerkschaften befasste sich speziell mit den Problemen arbeitender Frauen.

Ida Altmann kündigte ihre Stelle in der Generalkommission zum 1. März 1909. Danach blieb sie aber weiter als Übersetzerin und Dolmetscherin der Generalkommission verbunden. Gleichzeitig trat sie als Rednerin auf sozialdemokratischen Versammlungen in Erscheinung. Im April 1912 heiratete sie ihren langjährigen Freund Jegor Bronn, (1870–1932) der als Erfinder und Chefingenieur bei den Rombacher Hüttenwerken tätig war. Sie zog noch im selben Jahr zu ihm nach Elsass-Lothringen. Sie trat nicht mehr politisch hervor, veröffentlichte aber weiterhin Aufsätze und Artikel in Freireligiösen Blättern, schrieb Gedichte und auch Romane. Nach ihrer Rückkehr zusammen mit ihrem Mann nach Berlin im Jahre 1919 nahm Ida Altmann-Bronn nur ihre aktive Mitgliedschaft in der Freireligiösen Gemeinde Berlin wieder auf. Sie kümmerte sich intensiv um ihren kranken Mann, mit dem sie einige Erholungsreisen nach Nizza unternahm. Nach seinem Tod im Jahr 1932 zog sie sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück.

Ida Altmann-Bronn gehört zweifellos zu jenen Persönlichkeiten, die neben Bruno Wille (1860–1928) oder Adolph Hoffmann (1858–1930) die Geschichte der Freireligiösen Gemeinde zu Berlin am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich geprägt haben.
Ida Altmann-Bronn starb am 30. November 1935 in Berlin.

Mit Sicherheit gäbe es zu der einen oder anderen Frau weitere Anmerkungen zu machen oder hier nicht angesprochene Frauen zu erwähnen. Aber angesichts der Intensität, mit der Mitte des 19. Jahrhunderts für Veränderungen in sozialen, politischen und religiösen Verhältnissen gekämpft und gestritten wurde, muss die soeben erfolgte Darstellung fast schon bruchstückhaft genannt werden. Wichtig bleibt für uns als aktiver Teil der Bewegung Freier Religion, dass Ideen aus unseren Gründungstagen ihren Weg in die Jetztzeit gefunden haben und als Grundlage für wichtige Reformen in allen Bereichen menschlichen Zusammenlebens gelten können, insbesondere was die Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von Frauen in unserer Gesellschaft angeht.

Quellen:

  • Wikipedia
  • E. Pilick (Hrsg.), Lexikon freireligiöser Personen, Verlag P. Guhl, Rohrbach/Pfalz
  • Dagmar Herzog, Intimacy and exclusion. Religious politics in pre-revolutionary Baden, Princeton University Press, 1996
  • Sylvia Paletscheck, Frauen und Dissens – Frauen im Deutschkatholizismus und in den freien Gemeinden 1841 – 1852, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 1990
  • F. Kampe, Geschichte der religiösen Bewegung der neueren Zeit, Verlag O. Wigand, Leipzig, 1852